Die ADHS-Behandlung bei Erwachsenen

Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass es im Alltag nicht immer einfach ist, mit ADHS zu leben. Doch glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, mit ADHS umzugehen und ein erfülltes Leben mit ADHS zu führen. In diesem Artikel werden wir uns genauer mit den Behandlungsmöglichkeiten für Erwachsene mit ADHS befassen und wie unter anderem Psychotherapie und Coaching dabei helfen können, den Alltag besser zu bewältigen.

Psychotherapie: Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung

Psychotherapie spielt oftmals eine entscheidende Rolle bei der Behandlung der ADHS bei Erwachsenen, insbesondere wenn zusätzliche komorbide psychische Störungen vorliegen und der Leidensdruck sehr hoch ist. Ein bewährtes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren ist dabei u.a. die kognitive Verhaltenstherapie. In der Psychotherapie können verschiedene Aspekte behandelt werden:


  • Psychoedukation: Durch Wissensvermittlung über ADHS erhalten Betroffene eine fundierte Wissensbasis und lernen dabei, die Auswirkungen der ADHS auf ihr Leben besser zu verstehen. Außerdem wird miteinbezogen, wie sich möglicherweise zusätzlich bestehende psychische Störungen entwickelt haben und in welcher Art und Weise diese eine Rolle in der aktuellen Lebenssituation spielen.


  • Umgang mit negativen Denkmustern: Menschen mit ADHS, die eine Psychotherapie aufsuchen, leiden häufig unter unangenehmen Gedanken und Grundannahmen sowie Selbstzweifeln und fühlen sich durch diese in ihrer Lebensführung eingeschränkt. In der Psychotherapie geht es häufig darum, diese zu erkennen und einen besseren Umgang zu finden, z.B. durch Distanzierungstechniken.


  • Emotionsregulation: Menschen mit ADHS haben häufig Schwierigkeiten, eigene Emotionen zu erkennen und zu regulieren. In einer Psychotherapie werden häufig Strategien entwickelt, um mit den eigenen Emotionen besser umzugehen und sich von diesen nicht so stark aus der Bahn werfen zu lassen.


  • Bewältigungsstrategien für den Alltag: Probleme in der Alltagsorganisation spielen ebenfalls meist eine große Rolle in der Psychotherapie bei ADHS. Daher werden häufig gezielte Techniken erlernt, die Menschen mit ADHS helfen können, sich im Alltag besser zu organisieren, ihre Zeit besser einzuteilen und Aufgaben effektiver zu planen. Zusätzlich können auch weiterführende Hilfemaßnahmen zur Unterstützung im Alltag besprochen und eingeleitet werden.


  • Behandlung komorbider psychischer Störungen: In einer Psychotherapie werden zudem auch weitere bestehende psychische Störungen behandelt, wie z.B. Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen oder Persönlichkeitsstörungen.

Coaching: Individuelle Lösungsstrategien im Alltag finden

Ein Coaching kann eine wertvolle Ergänzung oder sogar eine Alternative zur Psychotherapie sein, insbesondere für Menschen mit ADHS, die keine umfangreiche Psychotherapie benötigen. ADHS-spezifisches Coaching bekommt in Deutschland erst seit einigen Jahren mehr Aufmerksamkeit und ist auch kein geschützter Berufszweig, wie z.B. der der Psychologischen Psychotherapeut*innen.


Daher sollten Menschen mit ADHS, die ein Coaching aufsuchen, darauf achten, dass der*die Coach*in über eine angemessene Ausbildung und Erfahrung im Umgang mit ADHS verfügt. Thematisch gibt es durchaus Überschneidungen mit den Inhalten einer Psychotherapie, wie sie zum Teil oben beschrieben sind. Wichtig ist jedoch, dass Klient*innen stabil genug für ein Coaching sein müssen. Bei sehr starken ADHS-Symptomen und/oder komorbiden psychischen Störungen sollte zuerst eine medikamentöse und/oder psychotherapeutische Behandlung durchgeführt werden.

Ein Coaching bei ADHS konzentriert sich auf die individuellen Bedürfnisse der Klient*innen und auf praktische Lösungen.


Während des Coachingprozesses können z.B. folgende Themen bearbeitet werden:


  • Psychoedukation: Auch im Coaching ist die Wissensvermittlung über ADHS und deren Auswirkungen auf das eigene Leben eine grundlegender Baustein. Dieses Verständnis ist eine wichtige Grundlage, um individuelle Strategien entwickeln zu können. Häufig führt das Wissen um ADHS dazu, dass Klient*innen sich selbst besser annehmen und sich selbst akzeptieren können. Endlich ist da eine Erklärung! Es ist spannend, zu entdecken, welche Gründe hinter den Schwierigkeiten im Alltag stecken. Noch dazu können wir hieraus direkte Lösungsstrategien ableiten, wenn wir uns diese Situationen genauer durch die “ADHS-Brille” ansehen.


  • Problemlösungsstrategien: Im Coaching werden also ADHS-spezifische Probleme und Herausforderungen identifiziert und gemeinsam Lösungen erarbeitet, z.B. für den Umgang mit starken Emotionen oder zur Stressbewältigung. Wichtig ist hierbei, Schritt für Schritt vorzugehen und bei allem Enthusiasmus nicht zu viel auf einmal verändern zu wollen.


  • Stärkung individueller Ressourcen: Zur Problemlösung werden die individuellen Stärken und Fähigkeiten der Klient*innen identifiziert und gefördert. Oftmals lassen sich hier viele positive Faktoren finden, die genutzt werden können, um die Ziele zu erreichen. Menschen mit ADHS finden z.B. sehr häufig ganz ausgefallene und kreative Lösungswege, um mit Schwierigkeiten umzugehen, insbesondere, wenn sie neurotypische Standards loslassen.


  • Alltagsmanagement: Je nach Zielsetzung und Problembereich werden spezifische Strategien zur Organisation, zum Zeitmanagement, zur Aufgabenplanung und weitere Fertigkeiten vermittelt und ausprobiert. Das übergreifende Ziel besteht meist darin, insgesamt eine förderliche Lebensumgebung zu schaffen. Dabei spielen neben Strategien, die Klient*innen erlernen können, auch meist eine veränderte Grundhaltung sich selbst gegenüber sowie eine Anpassung des Lebensumfeldes eine große Rolle. Bitte jetzt nicht gleich den Job kündigen! Erstmal weiterlesen.

Kommunikation und Unterstützung

Ob in einer Psychotherapie oder in einem Coaching: Aus der Praxis mache ich immer wieder die Erfahrung, wie wichtig ein unterstützendes Umfeld für Menschen mit ADHS ist - ob nun am Arbeitsplatz, in der Partnerschaft, in Freundschaften, in der Familie, im Sportverein, etc. Es ist wichtig, dass Menschen mit ADHS ihre Bedürfnisse kennenlernen, diese selbst ernst nehmen und schließlich auch anderen Menschen mitteilen können.


Man muss natürlich nicht jedem Menschen die Diagnose mitteilen und sollte auch abwägen, ob dies sinnvoll und sicher im individuellen Fall ist. Das Thema Diversity & Inclusion, welches auch Neurodiversität beinhaltet, ist leider noch nicht in jeder Unternehmenskultur angekommen. Doch es gibt hier auch aufgeschlossene Arbeitgeber*innen, die bereit sind, Lösungen zu finden und die Arbeitsbedingungen für alle zu verbessern. Maßnahmen wie z.B. flexible Arbeitszeiten und -orte, Nutzung von Hilfsmitteln und eine klare Kommunikation und Absprachen können den Berufsalltag von Menschen mit ADHS erheblich erleichtern. Auch im privaten Umfeld tragen eine offene Kommunikation, gegenseitiges Verständnis und individuelle Lösungsstrategien häufig zu einem harmonischeren Miteinander und Verbesserung der Lebenssituation bei.

Vernetzung und Austausch: Selbsthilfegruppen und Online-Communities

Eine weitere Möglichkeit, Unterstützung zu finden, besteht darin, sich mit anderen Menschen mit ADHS in Selbsthilfegruppen oder Online-Communities auszutauschen. Viele Erwachsene mit ADHS finden das sehr hilfreich und wertvoll, da sie dort ihre Erfahrungen teilen können und viel Verständnis und oftmals auch wertvolle Ratschläge von anderen erhalten. Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Herausforderungen bewältigen, kann sehr inspirierend und ermutigend sein. Darüber hinaus kann es einfach sehr entlastend sein, zu erfahren, dass man mit den eigenen “Daily Struggles” nicht alleine ist!

Medikamentöse Behandlung

In einigen Fällen sollte auch eine medikamentöse Behandlung in Betracht gezogen werden. Oftmals bietet sie eine Grundlage, um weitere Unterstützungsmaßnahmen nutzen und Strategien umsetzen zu können. Stimulanzien wie Methylphenidat- oder Amphetamin-Präparate können dazu beitragen, die Aufmerksamkeitsleistungen und auch die Gefühlsregulation sowie Impulskontrolle zu verbessern.


Es gibt auch nicht-stimulierende Medikamente, die als Alternative dienen können. Die Entscheidung für oder gegen eine medikamentöse Behandlung sollte jedoch ganz individuell und in Absprache mit einem*r Fachärzt*in etroffen werden, um die bestmögliche Lösung für den*die Einzelne*n zu finden.

Jeder Mensch mit ADHS hat ganz unterschiedliche Bedürfnisse und daher ist ein maßgeschneiderter Behandlungsplan entscheidend. Die Behandlung von ADHS bei Erwachsenen umfasst verschiedene Ansätze, darunter Psychotherapie, Coaching, psychoedukative Maßnahmen, medikamentöse Behandlung, Kommunikation am Arbeitsplatz und im Privaten und Vernetzung mit anderen Menschen mit ADHS.


Durch die Kombination dieser Ansätze können Menschen mit ADHS Wege finden, um mit den ADHS-spezifischen Herausforderungen umzugehen, ihre persönlichen Stärken zu nutzen und ein erfülltes Leben zu führen.


Zusammenfassung: Die ADHS-Behandlung bei Erwachsenen

ADHS kann eine Herausforderung im Alltag sein, aber es gibt Möglichkeiten, ein erfülltes Leben damit zu führen.


  • Psychotherapie ist oftmals ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, besonders bei zusätzlichen psychischen Störungen.


  • Psychotherapie kann Aspekte wie Psychoedukation, Umgang mit negativen Denkmustern, Emotionsregulation und Bewältigungsstrategien behandeln.


  • Coaching kann eine Alternative oder sogar eine Ergänzung zur Psychotherapie sein und individuelle Lösungsstrategien bieten.


  • ADHS-spezifisches Coaching ermöglicht u.a. die Identifizierung und Förderung individueller Ressourcen, wodurch Klient*innen lernen, kreative Lösungswege zu nutzen und Schwierigkeiten auf eine für sie passende Art zu bewältigen, insbesondere wenn sie von neurotypischen Standards abweichen.


  • Kommunikation und Unterstützung im Umfeld sind entscheidend, sowohl am Arbeitsplatz als auch im privaten Leben.


  • Selbsthilfegruppen und Online-Communities bieten wertvollen Austausch und Unterstützung.


  • In manchen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung in Erwägung gezogen werden, immer in Absprache mit einem*r Fachärzt*in.


  • Ein maßgeschneiderter Behandlungsplan ist wichtig, um die individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen.


  • Die Kombination verschiedener Ansätze ermöglicht es Menschen mit ADHS, ihre Herausforderungen zu bewältigen und ein erfülltes Leben zu führen.



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Literatur:

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (2017): Langfassung der (S3) Leitlinie “ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen”, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/028-045

Russell A. Barkley: Das große Handbuch für Erwachsene mit ADHS. Verlag Hogrefe, Göttingen 2017, ISBN 978-3-456-85754-1

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